Offene Beziehung - Und jetzt? Wie lerne ich neue Leute kennen?

Dein*e Partner*in und du habt euch entschieden, ein offenes Beziehungsmodell auszuprobieren. Nach hoffentlich gründlicher Reflexion und Kommunikation seid ihr zu einer Vereinbarung gekommen und ihr habt klare Vereinbarungen getroffen, die für euch beide passen. Herzlichen Glückwunsch! Für viele Paare stellt sich an diesem Punkt die Frage: Wie geht es nun weiter?

Oft ist es so, dass einer von beiden Partnern bereits jemanden kennt, mit dem er oder sie die Öffnung leben kann. Was ist aber mit dem anderen Partner, der bisher keine Außenkontakte hatte? Wie kann dieser potenzielle Dates kennenlernen? Und wie sollte die offene Beziehung kommuniziert werden?

Die Antworten auf diese Fragen können unterschiedlich ausfallen,  je nachdem, was du suchst. One-Night-Stands? Eine längere Affäre? Einen Flirt? Sehr spezielle sexuelle Abenteuer? Eine*n zweiten Partner*in? Eine Freundschaft+? Für unterschiedliche Bedürfnisse gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Im Folgenden stellen wir dir einige Optionen vor.

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Online-Dating

Das Internet hat die Suche nach romantischen und sexuellen Beziehungen revolutioniert. Das gilt für alle Formen von Beziehung und insbesondere für offene Beziehungskonstellationen. Denn man kann hier von vornherein klar angeben, was man (nicht) sucht.

Hier sind vier Optionen für den Start:

  1. OKCupid

Diese App hat den Vorteil, dass sie großen Wert auf Diversität und Offenheit legt. Sie spricht explizit Menschen mit verschiedensten Identitäten und Vorlieben an. Die Auswahl an Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen bei der Profilerstellung ist enorm. Dadurch zieht die App viele Personen an, die neugierig und offen für weniger konventionelle Lebensmodelle sind. Im Profil kann angegeben werden, welches Beziehungsmodell man lebt (oder leben möchte) und ob man zur Zeit Single oder verpartnert ist. Wenn ihr beide einen Account habt, könnt ihr einander sogar als Partner*in verlinken. OKCupid ist dennoch eine Dating-App, die von vielen auch zur Suche nach monogamen Partnerschaften genutzt wird. Es kann aber im Profil eingestellt werden, ob man nach rein sexuellen, lang- oder kurzfristigen Kontakten sucht. Man kann alle vorgeschlagenen Profile einmalig anschreiben, für weitere Nachrichten müssen aber beide einander „matchen“, d. h. beide geben an, am jeweils anderen interessiert zu sein. 

2. Feeld

Diese App wurde speziell für Menschen konzipiert, die außerhalb des monogamen Spektrums leben. Hier geht es in erster Linie um sexuelle Kontakte, die respektvoll und „erwachsen“ gestaltet werden sollen. Feeld will Paaren und Singles die Möglichkeit geben, sich sexuell auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Deshalb können bei der Profilerstellung, neben Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung, auch sexuelle Interessen angegeben werden. Chatten kann man, wenn ein Match vorliegt. 

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3.Tinder  

Dies ist wohl die bekannteste und damit größte Dating-App der Welt. Das hat den Vorteil, dass die Auswahl enorm ist. Ein Nachteil der App ist, dass hier oft nicht klar ist, wonach die Person sucht, da es keine entsprechenden Profileinstellungen gibt. Daher ist es bei Tinder besonders ratsam, den Profiltext zu nutzen, um die eigene Situation zu beschreiben. Zu explizite Angaben können allerdings dazu führen, dass dein Profil von anderen Nutzern gemeldet und gesperrt werden könnte. Emojis können eine gute Möglichkeit sein indirekt zu kommunizieren nach was du suchst, oder wo deine Vorlieben liegen (z.B. 🖤🪢🍑). Auch hier sind Nachrichten erst nach einem Match möglich.

4. JoyClub 

Der JoyClub ist Deutschlands größte Sex- und Erotik-Community. Es gibt sowohl eine Website als auch eine App Bei der Profilerstellung geht es vor allem um sexuelle Vorlieben, Kinks und Fantasien. Man kann Präferenzen bezüglich Alter, Wohnort, Geschlecht, etc. nennen. Ein dem Chat vorgeschaltetes Match gibt es hier also nicht. Für Männer und Frauen gelten unterschiedliche Tarife - Männer können Frauen beispielsweise nur anschreiben, wenn sie vorher ein Basis Abo abgeschlossen haben. Oftmals ist es so, dass man als Frau auf Joyclub von Nachrichten überhäuft wird - und als Mann kaum Antworten erhält. Das heißt je nach Geschlecht kann die Erfahrung mit dem Joyclub sehr unterschiedlich sein (Überforderung durch zu viele Anschrifte vs. Frust wegen keiner Antworten)

Veranstaltungen

Die Sichtbarkeit und Akzeptanz von Alternativen zur Monogamie wächst. Das führt auch dazu, dass es – besonders in größeren Städten – zunehmend mehr Veranstaltungen gibt, die explizit dem Kennenlernen weiterer sexueller Partner*innen dienen. Hierzu zählen Sex- oder Swinger-Partys. Auch Partys für bestimmte Kinks, wie beispielsweise BDSM, sind verbreitet. Solche Veranstaltungen zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Seiten wie JoyClub führen beispielsweise eine Liste von Events. In manchen Städten gibt es Clubs oder Bars, die sich auf Sex-Partys spezialisiert haben und dies auch offen auf ihren Websites bewerben.  

Viele Menschen möchten aber zunächst ungezwungen Leute kennenlernen, vielleicht erst einmal wieder ausprobieren, wie es ist, zu flirten. Vielleicht suchst du auch eine Person, mit der du mehr teilen kannst als Sex. Dann macht es Sinn, sich Gruppen anzuschließen. Sei es Sport, Bücher oder Kochen – es gibt für fast alle Interessengruppen. Hilfreich kann hier die Seite MeetUp sein. Dort kann man nach Gruppen in seiner Region suchen, oder auch selbst eine Gruppe gründen. 

Zufallsbegegnungen 

Trotz allem Online-Dating gibt es natürlich auch noch die Zufallsbegegnungen im „echten“ Leben. Trifft man jemanden bei der Arbeit, im Supermarkt oder in einer Gruppe, stellt sich oft die Frage, wann man sagen sollte, dass man in einer offenen Beziehung ist. Die Antwort: grundsätzlich so schnell wie möglich. Natürlich muss niemand mit einem Schild um den Hals herumlaufen. Aber sobald klar ist, dass ein gegenseitiges romantisches oder sexuelles Interesse besteht, sollte der eigene Beziehungsstatus transparent gemacht werden. Das beugt Enttäuschung und Verletzung auf beiden Seiten vor. Hier reichen oft ein bis zwei Sätze, die (je nach Beziehungsform) so oder ähnlich aussehen könnten: 

  • “Bevor wir auf ein Date gehen, solltest du wissen, dass ich in einer offenen Beziehung bin. Ist das in Ordnung für dich?”

  • “Ich würde dich gern besser kennenlernen. Ich möchte aber, dass du weißt, dass ich nicht monogam lebe und nicht nach einer exklusiven Beziehung suche. Wie stehst du dazu?”

Wenn es darauf Nachfragen gibt, sollten auch diese ehrlich beantwortet werden.

Zudem sollte dir bewusst sein, dass es mit diesem einmaligen Abstimmen nicht getan ist. Kontinuierliche Kommunikation ist insbesondere in offenen Beziehungsformen unabdingbar – und zwar auch mit deinen Außenkontakten. Checkt regelmäßig miteinander ein. Denn es kommt durchaus vor, dass Menschen unerwartet starke Gefühle entwickeln oder die Hoffnung, dich doch zu einer monogamen Beziehung mit ihnen überreden zu können. Insofern ist hier ein regelmäßiges, empathisches Nachfragen, Rückversichern und Grenzen ziehen sehr wichtig. Das kann im Zweifel auch heißen, eine an sich schöne Außenbeziehung zu beenden, wenn klar ist, dass nicht beide Seiten dasselbe wollen. 

Zu guter Letzt eine Ermutigung: Die Aussicht, neue Leute kennenzulernen, mag zunächst überwältigend oder einschüchternd wirken. Aber es gibt Menschen, die genau dasselbe suchen wie du. Und dank diverser Online Communities und Apps hast du heute mehr Möglichkeiten denn je, um sie zu finden.

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