Ehekrise meistern: So kannst du deine Beziehung retten

Wenn deine Beziehung oder deine Ehe kriselt, kann das sehr unterschiedliche Ursachen haben. Diese zu ergründen und zu beseitigen ist ein mitunter mühsamer, aber immer lohnender Prozess. Denn Krisen sagen zunächst mal: Etwas in deinem Leben entspricht gerade nicht deinen ureigenen Wünschen und Hoffnungen. Wenn du also die richtigen Dinge in deinem Leben veränderst, dann wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit die Beziehungskrise meistern und in deiner Beziehung wieder glücklich werden. 

Der Kern von Liebe ist gegenseitiges Wohlwollen

Beziehungen sind komplex und unterschiedlich. Jedoch geht es im Kern einer jeden Beziehung und Ehe darum, sich gegenseitig Schutz, Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln und dafür zu sorgen, dass beide Beteiligten ihre Bedürfnisse befriedigen und ihre Träume verwirklichen können. Der Sinn von Beziehung ist gegenseitige Bestätigung und die immer wieder ausgesprochene Botschaft: Ich mag dich! Du bist mir wichtig! Du kannst dich auf mich verlassen. Wenn es in eurer Beziehung kriselt, dann liegt der Schlüssel zur Lösung der Krise in den allermeisten Fällen genau in diesem Kern. 

Erste-Hilfe-Maßnahme in einer Ehekrise: Das Check-In-Gespräch 

Im Folgenden zeige ich dir eine wirkungsvolle Maßnahme, die du anwenden kannst, um erste Schritte der Besserung zu bewirken, wenn du dich gerade in einer Ehekrise befindest. Die Methode für dieses Gespräch basiert auf den wissenschaftlichen Forschungsarbeiten der Psychologen John und Julie Gottmann. Sie nennen es in ihren Arbeiten “intimes Gespräch”. Es geht aber nicht um ein Gespräch über intime Angelegenheiten, sondern darum, sich jeweils mit dem anderen “einzustimmen” und zu wissen, wie er oder sie sich gerade fühlt und welche Aufgaben und Themen gerade relevant sind.

Bevor du diese Technik anwenden kannst, ist es nötig, dass du versuchst, deinen Partner oder deine Partnerin¹ wieder in einem positiven Licht zu sehen. 

Die Negativität durchbrechen

Eine Beziehungs,- und Ehekrise entsteht nicht über Nacht. Sie baut sich über einen längeren Zeitraum auf. Wenn die dahinter liegenden Konflikte und Verletzungen nicht thematisiert werden, dann dreht sich ganz allmählich und automatisch die gegenseitige Wahrnehmung ins Negative. Selbst positiv gemeinte Aussagen des anderes erscheinen dann sehr oft in negativem Licht. Beide Partner*innen spüren nicht mehr, dass sie sich vertrauen können. Sie fühlen sich einander fremd.

Wenn die gegenseitige Wahrnehmung in einer Beziehung und Ehe bereits auf negativ geschaltet ist, dann bedarf es einer erheblichen Willenskraft und Mühe, um sich einander wieder zuzuwenden. Das ist jedoch der einzige Weg, um die Ehe zu retten. Beide müssen die Bereitschaft in sich finden, wieder das Gute im anderen zu sehen. Erinnert euch an das, was früher in eurer Beziehung zwischen euch so wertvoll war, und was ihr einander bedeutet habt. Stellt für einen Moment ganz bewusst das Positive in den Mittelpunkt und dann beschließt miteinander: Wir wollen die entstandenen Verletzungen verstehen, unsere Konflikte auflösen und in der Folge einander wieder voll und ganz vertrauen lernen. 

Dazu gehört auch, dass du für dich beschließt, dass du negative Verhaltensweisen wirkungsvoll abstellen möchtest. Dazu zählen Kritik am Charakter des anderen, Verachtung und Entwertung, Rechtfertigung sowie das Mauern, bzw. das Schweigen. Beschimpfungen oder gar Beleidigungen wirst du unter keinen Umständen mehr aussprechen. Verhaltensweisen wie Türen knallen, Teller zerdeppern, voller Wut und Hass über den anderen sprechen, all das sind Handlungen, vor denen du dich hütest. Wenn du spürst, dass dich negative Gefühle überfallen, dann verzichte auf einen neuen Angriff auf deinen Partner, ziehe dich zurück, sammle dich und nimm erst wieder Kontakt auf, wenn du dich beruhigt hast. So sorgst du dafür, dass du nicht tiefer in den Strudel deiner Gefühle und in die Krise hineingezogen wirst. 

Wenn deine Beziehung kriselt, fehlt es an Einfühlung und Abstimmung

Erste und wichtigste Maßnahme in einer Beziehungs,- und Ehekrise ist die: Verabrede dich mit deinem Partner zu kurzen, aber täglichen Check-In-Gesprächen über euch und eure derzeitigen Befindlichkeiten. 15 bis 20 Minuten reichen dafür. Ihr könnt zu Beginn eventuell leichter über Themen sprechen, die außerhalb der Paarbeziehung liegen. Ihr müsst nicht sofort in die schmerzvollen oder heiklen Themen eurer Beziehung einsteigen. Das Ziel dieser kurzen Gespräche ist es, dass du dich in den anderen einfühlst und erlebst, dass du selbst ebenfalls einfühlsam nachvollzogen wirst. Beide Partner stimmen sich auf diese Weise auf die Welt und die Wahrnehmung des anderen ein. Durch Einfühlung entsteht „Abstimmung“, eben das aufeinander einstimmen und mitschwingen. Es geht dabei darum, dass sich beide Seiten vom jeweils anderen verstanden und gehört fühlen. Es geht noch nicht um die Erarbeitung von Lösungen, sondern lediglich um gegenseitiges Nachvollziehen: „Du fühlst dich im Augenblick überfordert“ oder „Du bist traurig und weißt selbst nicht warum“ oder „Du hast Angst, dass du meinen Erwartungen nicht gerecht wirst“ oder „Du fühlst dich im Augenblick nicht genug gesehen von mir und das macht dich einsam“. 

Egal, welches Gefühl ausgedrückt wird, es darf einfach da sein. Es muss keine Lösung oder Erklärung dafür gefunden werden. Die Technik, um Abstimmung zu erreichen, ist das Check-In-Gespräch. Für die Auflösung von Konflikten und Kränkungen gibt es weitere Techniken, doch die wichtigste Basis-Übung im Alltag ist das Check-In-Gespräch. Ihr könnt es als festen Bestandteil eures Alltags vereinbaren und damit eure Dialog-Fähigkeit ausbauen. Und das ist die beste Ressource, um die Beziehungskrise zu meistern. 

Wenn du dir professionelle Begleitung bei der Aufarbeitung deiner Ehe- oder Beziehungskrise wünschst, kannst du hier eine kostenlose Erstberatung mit einem unserer Coaches vereinbaren.

So geht das Check-In-Gespräch:

1. Fasse deine Gefühle in Worte

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schwer es für viele Menschen ist, ihre eigenen Gefühle in Worte zu fassen. Dabei ist diese Fähigkeit so wichtig, weil Gefühle unser Handeln überaus stark beeinflussen. Wer seine Gefühle nicht in Worte fassen kann, der weiß nicht, warum er die Dinge tut, die er tut. Wenn es dir schwer fällt Worte zu finden, dann hole dir Unterstützung bei deiner Partnerin. Probiere Worte aus und fühle in deinen Körper hinein, ob sich ein Wort richtig anfühlt. Wenn nicht, dann versuche ein neues. Suche solange, bis du in dir spürst, dass ein Wort zu deiner Empfindung passt.

2. Stelle offene Fragen

Vermeide bitte Fragen, die sich mit „ja“ oder „nein“ beantworten lassen. Du möchtest mit deinen Fragen zum Erzählen auffordern. Statt zu fragen: „Hattest du auf der Arbeit einen guten Tag?“ fragst du lieber: „Wie war dein Tag? Erzähl mal! Was hat dich heute beschäftigt?“ Fragen sind deshalb wichtig, weil wir häufig erst dann realisieren, wie es uns gerade geht, wenn wir die Möglichkeit bekommen, es in Worte zu fassen. Durch Sprache vermitteln wir nicht nur Information. Wir machen unsere Wirklichkeit durch Worte erfahrbar und stellen sie im Grunde erst durch die Aussprache her.

3. Vertiefe den Dialog durch Spiegelung

Auf die Aussagen deiner Partnerin reagierst du in der Form, dass du das Gehörte in deinen eigenen Worten wiederholst und zusammenfasst. Versuche dabei keine Vermutungen oder Interpretationen anzustellen. Wenn du nicht ganz richtig liegst, ist das nicht schlimm. Im Gegenteil, denn so kann deine Partnerin noch einmal neue Worte suchen und ihre Gedanken präzisieren. Dein Spiegeln hilft dabei, dass sich dein Gegenüber innerlich sortieren kann und ihr beide gleichzeitig feststellt, wann ihr euch verstanden habt und eine Erfahrung von Einfühlung und Abstimmung erlebt. 

4. Zeige Mitgefühl und Empathie. 

Egal, welches Gefühl dein Partner ausdrückt, es geht darum, dass du dich auf seine Seite stellst. Deine Aufgabe besteht darin, deutlich zu machen, dass du nachvollziehen und verstehen kannst, was er sagt und wie er sich fühlt. Verzichte auf Ratschläge oder Lösungsvorschläge. Sei einfach da, höre zu und nimm daran Anteil. Frage wohlwollend und neugierig nach.

Achtung: Sehr häufig gibt es zwischen Partner*innen in einer Beziehungskrise eine gegenseitige „Gefühlsansteckung“. Wenn der eine negative Gefühle erlebt, fühlt sich der andere sogleich dafür beschuldigt oder angeklagt (ganz egal, ob diese Anschuldigung tatsächlich ausgesprochen wurde, oder nicht). In Reaktion entwickelt dieser dann seinerseits Ärger oder Wut, was verhindert, dass er mit seinem Partner Mitgefühl haben kann. Das hat zur Folge, dass beide sauer auf den anderen sind und keinen Weg mehr zueinander finden. Wenn du dieses Muster kennst, dann solltest du deinen Fokus auf Emotionsregulation legen und mehr über deine Möglichkeiten lernen, wie du deine Gefühle bewusst wahrnehmen, sie verstehen und gezielt mit ihnen umgehen kannst und wie du die Gefühle des anderen besser aushalten kannst.

Wenn dein Gegenüber sagt: „Ja, jetzt fühle ich mich verstanden“, dann wechselt ihr die Rollen. Denkt bitte daran, dass ihr einander „danke“ dafür sagt, dass ihr euch zueinander hinwendet und Aufmerksamkeit schenkt. Denn das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern Ausdruck eurer besonderen Verbindung und Zuneigung.

Durch ein solch ehrliches und einfühlsames Check-In-Gespräch, könnt ihr auch angeknackstes Vertrauen in einer Beziehungskrise wieder aufbauen. Dazu braucht es nicht viel: zunächst mal lediglich den Wunsch, den anderen zu sehen und zu verstehen!

Was kann ich noch tun, wenn meine Beziehung in einer Krise steckt?

Neben dem Check-In-Gespräch gibt es weitere wichtige Maßnahmen, um eine Ehekrise zu bewältigen. So zum Beispiel die Nutzung des “Schiebetür-Moments”. Der “Schiebetür-Moment” ist jener Augenblick, in dem einer der beiden Partner den anderen um etwas bittet, sei es indirekt oder ganz explizit. In diesem Moment wird ein Bedürfnis offenbar und es macht einen großen Unterschied, ob sich die Partner*innen in diesen Momenten einander zu- oder abwenden. Wenn du den “Schiebetür-Moment” auch in deiner Beziehung nutzen möchtest, lies hier nach, wie das geht.

Sind jedoch bereits größere Verletzungen in der Beziehung passiert, so bedarf es zunächst einer Aussprache und dann regelmäßig wiederkehrender Gespräche, um die Ehekrise zu meistern. Dazu empfehle ich das wissenschaftlich fundierte Modell zur konstruktiven Konfliktlösung von Gottmann und Rapoport. Wie du dieses Modell in einer Beziehungskrise anwenden kannst, erfährst du hier.


¹ Im Sinne der besseren Lesbarkeit wird die männliche oder weibliche Form gewählt. Fühl dich unabhängig davon bitte angesprochen, wo es dich betrifft.

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Eine Beziehungskrise bewältigen: Aktive Zuwendung